Lechtaler Alpen - eine Überschreitung in zwei Teilen

Verteilt auf zwei Jahre. nahmen sich der alte Fritz und sein auch nicht viel jüngerer Freund Rudi die Zeit, den großartigen Gebirgszug der Lechtaler Alpen der Länge nach zu überschreiten. Am Weg 2000er zum Abwinken; wir nahmen mit, was Kondition und Fortuna erlaubten. Trotz verschiedener Widrigkeiten eine herrliche und empfehlenswerte Bergtour.

Tourenübersicht


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30. Juli 2001: Anfahrt und Aufstieg zur Muttekopfhütte

Rudi und ich fahren um 13.00 in Glonn ab. Mein Rucksack ist zu schwer, 14.5 kg - Rudi hat das selbe Problem. Zügig geht's die Inntalautobahn nach Imst. Im Auto ist es brütend heiß. In Hohenimst dann die große Gewissensfrage: Fußmarsch oder Sessellift. Nach längerer Gewissenserforschung der Kompromiß: Lift bis zur Mittelstation (Latchehütte, ~1500m). Inzwischen ist es halb sechs Uhr abends. Bei immer noch großer Hitze steigen wir erst auf öden Skipisten, dann sonnigen Forststraßen und endlich auf nettem Wiesensteig (angenehme Erfrischung am Wasser) rauf zur Muttekopfhütte, 1934m (oder 2000m, laut Hütteninschrift?), die wir mit den letzten Sonnenstrahlen erreichen. Was macht man, noch recht munter, einen ganzen Hüttenabend? Man unterhält sich - Pfälzer sind ein redseliges Volk. Ab 21.15 geht's dann trotzdem mangels kulturellem Angebot ab ins Lager     
Aufstieg zur Muttekopfhütte
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31. Juli 2001: Übergang zur Hanauer Hütte


Osthang des Muttekopf
(weglos)
Muttekopf, 2774m
Nur ein Schnarcher im Lager - es könnte schlimmer sein. Frühstück um 6.30, Abmarsch um 7.00 Uhr, fünf Minuten später hat uns die Sonne und lässt uns den ganzen Tag nicht mehr los. Natürlich gehen wir nicht den Normalweg auf den Muttekopf, sondern steigen weglos steil über Wiesen auf den Ostgrat, dann in netter Schrofenkletterei zum Gipfel. Nur eine lehmige Schlucht macht bei der Querung Ärger; der Einsatz von Eispickeln als Lehmschaufeln schafft Abhilfe. Wir erreichen den Gipfel (2774m) um 9.45 Uhr. Eine halbe Stunde Brotzeit und Abstieg über den Normalweg. Meine nicht mehr ganz neuen, aber noch nie benützten Stöcke bewähren sich. Der Lechtaler Höhenweg führt uns schrofig runter auf etwa 2000m (Wasser, Gottseidank müssen wir nicht dursten) dann in glühender Mittagshitze 350m Gegenanstieg zum Galtseitejoch (2412m); Ankunft dort um 13.00 Uhr. Wir machen Mittag auf malerischen Matten mit gigantischer Aussicht nach allen Richtungen; allerdings ist das Wetter etwas diesig.

Große Beratung - trauen wir uns auf die Schlenkerspitze ("Schwierigkeitsgrad II bei guten Verhältnissen")? Wir trauen und, und mit deutlich erleichterten Rucksäcken machen wir uns um 13.30 Uhr auf den Weg. Laut Führer dauert der Anstieg eine Stunde, für 400 Höhenmeter, also ein Klacks. Zuerst auf Steigspuren über ekelhaft brüchige Schrofen, dem vom Galtseitejoch nach Süden führenden Grat entlang. Dann immer noch brüchig und schrofig steil eine Schlucht hinauf zum Gipfelaufbau. Jetzt müsste ein Schneeband kommen. Es kommt auch, allerdings zehn Meter unter uns und kein gangbarer Weg in Sicht. Nach längerem Hin und Her entschließen wir uns zu 80 Meter Abstieg, wo ein gangbarer Übergang scheint. Dann kommen Eispickel und Gröteln zum Einsatz; auf steilem Schneefeld geht's nach oben. Übergang über zwei weitere kleine Schneefelder, eine kurze Schlucht und zuletzt wieder mal brüchige Kletterei. Kurz vor dem Gipfel - ächz - noch 20m Abstieg, und dann - 15.45 Uhr - endlich oben. Das Wetter ist noch sonnig, aber Wolken gibt's auch... Also nur 15min Pause und dann nichts wie runter! Alles in allem kostet uns die Schlenkerspitze fünf Stunden, Pausen mitgerechnet.

Zurück am Galtseitejoch tanken wir nochmal Sonne. Rudi kann nur mit Mühe abgehalten werden, auch noch die Reichspitze anzugehen. Dunkle Wolken und kalter Wind vertreiben uns um 18.15 Uhr. Der Weg führt jetzt angenehm abwärts, durch Wiesenmatten und Schutthänge zum Stausee der Hanauer Hütte. Rudi muß noch ins Wasser springen, aber um 19.45 Uhr kommen wir dann endlich bei der Hütte an. Drei Dinge braucht der Mann nach so einem Tag: Radler - Essen - Lager. Zapfenstreich um 21.00 Uhr.

Schlenkerspitze, 2827m
Hintergrund: Tremlspitze
Wegsuche
Kurz vor Hanauer Hütte
Hintergrund:Tremlspitze
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1.August 2001: Übergang zur Württemberger Hütte

Tremlspitze, 2738m
Kletterei an der Tremlspitze...
...mit Blick auf Steinsee
Diese Nacht kein Schnarcher, aber eine Luft zum Schneiden macht Schlaf fast unmöglich. Um 7.30 Uhr geht's los, noch im Schatten, zur westlichen Tremlscharte 2434m. Rudi ist heute angenehm gemütlich! Nach kurzer Pause machen wir uns auf zur Tremlspitze, Rudi mit leichtem Rucksack, ich ganz ohne - eine Stunde rundum genussvoller II-er-Kletterei in festem Fels durch faszinierende Steinschluchten. Oben die erwartete großartige Rundsicht, aber auch viele Wolken. Beim Abstieg wird's dann brutal heiß - ab der Scharte geht's steil bergab durch eine Geröll- und Felsenschlucht bis zur Steinseehütte. Rudi macht einen Abstecher zum Steinsee - Baden. Bei meinem Schuhwerk gibt's erste Probleme: mein rechter Schuh hat den Geist aufgegeben; auf der Hütte erbettle ich Klebstoff und Leukoplast zur notdürftigen Reparatur, mal sehen wie lange das hält! Rudi wird bescheiden: ein Gipfel pro Tag reicht zur Not auch!

Nach zwei Radlern in brütender Hitze weiter zur Württenberger Hütte; vier Stunden laut Führer - das muß doch schneller gehen! Von wegen. Der Weg zieht sich gleichmäßig leicht ansteigend unter großartigen Südwänden bis zu einer ersten Scharte, dann runter und rauf zur zweiten (Roßkarscharte), dann richtig steil und brüchig wieder runter. Hier wartet das Paradies auf uns - sonnige Almwiesen verführen zu einem einstündigem Mittagsschlaf. Jetzt noch das letzte Wegstück: eine Stunde Aufstieg zum Gebäudejoch, 2450m, wie schon gewohnt durch Schotter und Fels steil nach unten, und in milder Abendsonne weiter zur Württemberger Hütte, 2200m. Um halb sieben Uhr kommen wir an. Elf Stunden für acht Stunden reine Gehzeit - nicht gerade Weltrekord, aber schön wars! Die Hütte ist überfüllt, nur noch Notlager, das heißt Warten bis 10 Uhr. Rettung für meine Schuhe: der Wirt hat Leukoplast auf Vorrat.

erste Scharte nach Steinseehütte
Roßkarspitze (links)
Hintere Guflspitze (2617m)
Aufstieg zur
Großbergspitze 2657m
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2. August 2001: Übergang zur Augsburger Hütte

oberer Seewi-see, 2469m
    
Patrolscharte. Hintergrund: Gatschkopf
    
Blick zurück: Gasilschlucht, Parseierspitze
    
Das Notlager erweist sich als ausgesprochener Glücksfall in der total überfüllten Hütte - nur vier Leute mit reichlich Platz in der Wirtsstube, und eine ruhige, kühle Nacht. Morgens um sechs Uhr aufstehen, frühstücken, Abmarsch 7.00 Uhr. Der Weg führt leicht bergab, dann leicht ansteigend Richtung Memminger Hütte. Einschmierpause nach 15min; dabei überholt uns ein junges Dreierteam aus Erfurt. In der Sonne wird es schnell warm, steil rauf zur Grießbergspitze, 2657m, 8.30 Uhr in praller Sonne, dort Wiedersehen mit den Erfurtern. Weil das Tagespensum groß ist, keine lange Pause, sondern bald weiter, immer auf etwa gleicher Höhe. Wir fressen Kilometer: endlose Schotterfelder in praller Sonne, aber am Schluß steil bergauf zur Seescharte, 2599m, 11.00 Uhr. Wiedersehen mit den Erfurtern! Jenseits der Scharte leuchtet schon der obere Seewie-see, 2469m, herauf. Ein Abschneider über Geröll erspart rund 50m Auf- und Abstieg, aber ein kleiner Abstieg ist trotzdem nötig - Wasserfassen! Rauf zur Wegscharte, 2585m, drüben ein drahtseilversicherter, recht ekelhafter, aber nicht sehr langer Steilabstieg. Jetzt geht mein zweiter Schuh auch noch kaputt, zweimal Leukoplast kleben, bitte! Inzwischen ist es Mittag. Wir queren weitere Schotterfelder, erklimmen das Parseierjoch (kurz aber heftig) und dann sehen wir schon das Schneefeld unter der Patrolscharte. Ich bin schon ganz schön schlapp - ist die Parseierspitze noch "drin"? Das Schneefeld selber macht keine Probleme, aber anschließend geht's 300 Höhenmeter ekelhaft einen feuchten erdigen, felsigen Abhang hinauf zur Patrolscharte, 2864m. Um ein Uhr ist auch das geschafft. Nachdem jetzt die größeren Schwierigkeiten überwunden sind, erst mal eine Stunde Schlaf in herrlicher Mittagssonne - welch eine Erholung!

Jetzt gilt's: Parseierspitze oder nicht? Wir probieren es. Abstieg über Schnee, Einstieg in die Ostflanke, dort erst mal Rucksack erleichtern, und los geht's. Allerdings langsam, im brüchigen Fels und brütender Hitze. Ist das wirklich noch I-IIer Kletterei? Wir werden immer langsamer und unsicherer. Meine Schuhe sind auch schon wieder hinüber. Nach 40 min, auf 2930m Höhe, blasen wir zum Rückzug. Der Abstieg fällt uns noch schwerer und dauert fast eine Stunde. Unten Erleichterung. Ich verbrauche meinen letzen Vorrat an Leukoplast. Um 16.30 Uhr beginnen wir den Abstieg ins Gasiltal. Oben Drahtseil im Gletscherbach, dann führt der Weg geradezu dolomitenartig über Wasserfälle und Steilabbrüche. Weiter unten eine richtige kleine Ferrata - Leiterstufen und Drahtseile geleiten senkrecht nach unten. Die restlichen Höhenmeter zur Augsburger Hütte (2298m) fahren wir auf Schnee ab. Ankunft dort um 17.30; die Hütte ist angenehm leer und liegt wunderbar in der Abendsonne. Leider gibt's hier kein Leukoplast, aber immerhin eine Werkstatt, und reichlich Draht in allen Größen. Der Knüller: eine warme Dusche! Frisch geduscht genießen wir noch ein Abendgewitter, das im Tal über Landeck abgeht - Vorboten der zuende gehenden Schönwetterperiode? Laut Hüttenwirt soll es morgen noch einmal schön werden, für den kröenden Abschluß, für diesmal: den Augsburger Höhenweg.

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3. August 2001: Abstieg und Heimfahrt

Der Morgen verläuft in schon gewohnter Routine: Langsames Aufwachen, erstes Rumoren der Schlafgenossen, irgendwann um sechs Uhr selber aufstehen, Rucksack packen (Morgenwäsche fällt bei mir aus) und ab zum Früstück. Heute schließt sich ein halbstündiger Werkstattaufenthalt an, um meinen Schuhen neuen Halt zu geben - wird's gelingen? Der Himmel am morgen ist bewölkt, es ist deutlich kühler. Abmarsch zum Gatschkopf um 7.30 Uhr. Ein halbe Stunde später ist mein Schuh-provisorium hinüber. Vorsichtig steige ich weiter zum Gipfel. 8.45 Uhr; hier, in 2950m Höhe, ist es ausgesprochen stürmisch; im Westen schaut es düster aus. Diese trüben Aussichten, gepaart mit meinem desolaten Fußwerk, führen zum Entschluß: kein Augsburger Höhenweg. Rudi scheint nicht besonders enttäuscht. Wir steigen wieder ab zur Hütte. Es wird wieder warm, und schließlich schwülheiß, weiter die 2000m bis runter nach Grins - Ende einer Bergfahrt. Unser letztes Problem - wie kommen wir zurück nach Hohenimst, wo unser Auto steht - löst sich auf wunderbare Weise: Das dritte oder vierte Auto hält, und das junge Paar ist auf dem Weg nach Imst. Man kommt ins Gespräch, und die beiden fahren uns nicht nur nach Imst, sondern auch die 400 Höhenmeter rauf zur Seilbahnstation! Ein letztes Bier, Eis, ein letzter Almdudler; Rudi springt ins anliegende Freibad, und dann geht's ab auf die Autobahn und nach Hause. All die Tage hatten wir herrliches Wetter, jetzt erwischt uns in Bad Aibling doch noch ein Hagelunwetter, das Bäume entwurzelt und die Aiblinger Unterführung überschwemmt. Ankunft daheim im Schoß der Familie um 18.45 Uhr - rechtzeitig zum Abendessen.
Kein Augsburger Höhenweg
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10. Juli 2002: Anfahrt und Aufstieg zur Augsburger Hütte

49 Wochen später: Wir sind auf dem Weg zurück auf der Augsburger Hütte, um unsere Überschreitung der Lechtaler Alpen zu vervollständigen. Trotz schwerster Gewitterwarnungen hatten wir uns für 11 Uhr verabredet. Kurz vorher ein Anruf - Rudi kann erst um 11.10 Uhr - hmmm, das könnte knapp werden! Naja, um 11.20 Uhr geht's los. In Bad Tölz bringt mich Rudi drauf, dass ich Mütze und Handschuhe vergessen habe - so kann man sich nicht ins Hochgebirge wagen! Rettung in der Not: ein Sportgeschäft verkauft auch im Hochsommer Handschuhe. Um 14.30 Uhr endlich in Imst - ob sich der Weg über Fernpaß wirklich lohnt, trotz Mautersparnis? Im Radio entnervende Gewitter- und Unwetterwarnungen. Der Bahnhof Pians, als strategische Etappe eingeplant, existiert leider nicht mehr, also mit dem Auto nach Grins, und um 15.00 Uhr Abmarsch unter drohenden Gewitterwolken, mit Aussicht auf drei Stunden Fußmarsch im Regen. Tatsächlich sind wir patschnaß, als wir auf der Hütte ankommen, allerdings durchgeschwitzt wegen der Schwüle - geregnet hat es nicht. Auf der Hütte wie schon letztes Mal angenehme Leere: nur ein Solowanderer außer uns - alle anderen haben nach den Gewitterwarnungen die Flucht ergriffen. Gulasch, ein Weißbier, die Wolken verziehen sich, die Hüttenwirtin sagt gutes Wetter voraus, was will man mehr? Während wir uns in das ansonsten leere Lager verziehen, versinkt die Hütte langsam in einem weißen Nebelmeer.
Aufstieg z. Augsburger Hütte
Brücke über Gasilbach


Auf dem Gatschkopf 2947m
Hintergrund Parseierspitze (Wolken)
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11. Juli 2002: Parseierspitze, Warten auf besseres Wetter

Parseierspitze, 3036m
Blick zur Augsburger Hütte
Auf der Parseierspitze
mit Holzgauer Wetterspitze u. Freispitze
6 Uhr morgens - das Nebelmeer ist immer noch da, und daraus rieselt es ziemlich trostlos. Wir frühstücken und beratschlagen. Beschluß: heute kein Augsburger Höhenweg, sondern aufs Ohr hauen und einen Tag abwarten. Mittags beginnt der Nebel aufzulockern, und um 13.00 Uhr machen wir uns auf zu einer Nachmittagstour. 90 Minuten bis zum Gatschkopf (immer noch 2947m), diesmal ohne Schuhprobleme. Der Nebel verzieht sich - großartige Fernsicht mit Wolkenfetzen, und gelegentlich Sonne! Da muß doch die Parseierspitze auch noch drin sein. Nach kurzer Rast auf matschigem erdigem Schotter runter zur Patrolscharte und über Schnee zum Einstieg, 15.15 Uhr. Nach unseren schlechten Erfahrungen vom letzen Jahr spüren wir beide etwas "Bammel". Aber welche Überraschung: der Berg ist ja ganz leicht, halt I-II, wie im Führer beschrieben, und nach 45 anregenden Minuten stehen wir am Gipfel. Was war nur los mit uns letztes Jahr? Großartiger Gipfelblick, dann um 16.30 Uhr Abstieg über die Gasilschlucht und Abfahrt über Schneefelder zur Augsburger Hütte. Dort sind inzwischen mehr Leute eingetroffen, aber immer noch angenehm. Wettervorhersage durchwachsen, aber morgen gibt's kein Pardon mehr!
Einstieg in Gasilschlucht
Gasilschlucht
Abstieg z. Augsburger Hütte
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12. Juli 2002: Augsburger Höhenweg zur Ansbacher Hütte

Grinser Ferner
Dawinkopf, 2968m
Dawinkopf
Hintergrund:Parseierspitze
Strahlender Sonnenschein, nur wenige Wolken, so brechen wir auf zum Augburger Höhenweg, der "Königsetappe". Den selben Weg nehmen kurz nach uns eine Gruppe Holländer und eine Gruppe Schwaben. Ein Blick hinter uns nach der Hälfte der Gasilschlucht: die anderem sind noch da. Nach 90 Minuten stehen wir am Parseierferner und peilen die Lage. Einschmieren nicht vergessen! Der Weg quer über den Ferner ist leichter als gedacht, der Schnee angenehm weich, auch im oberen, steileren Bereich kein Problem. Drüben geht's in festen Fels weiter. Schnee und Fels wechseln sich ab, deutlich markiert und drahtseilgesichert geht's rauf zur Darwinkopf, 2968m, alles ganz easy. Super Aussicht auf dem dritthöchsten Gipfel der nördlichen Kalalpen (Parseierspitze als den höchsten haben wir auch schon abgehakt), weiter zurück sehen wir gelegentlich die Holländer kraxeln, von den Schwaben keine Spur. Drahtgesichert geht's runter in die Dawinscharte, dann auf erdigem Rücken bis an den Fuß der Feuerköpfe, die nordseitig umgangen werden. Wir überklettern eine kleine Scharte, und plötzlich erhalten wir Einblick in den happigsten Teil der Route: An einer Reihe von Stahlseilen klettern wir schattige Felsen zu einem steilen Schneefeld ab. Mit großer Vorsicht queren wir das ca. 30m breite Schneefeld. Bei guten Verhältnissen wie jetzt (weicher Schnee) ist die Querung nicht übermäßig schwierig, aber selbst jetzt verspüren wir leichte Gänsehaut. Ein Fehltritt, ein Ausrutschen im Schnee, und es gibt kein Halten mehr. Noch zwei weitere, kleinere Schneefelder sind zu queren. Jetzt treffen wir auch einige, wenige Wanderer, die den Weg "andersherum" machen. Der Weg läuft jetzt eben bis bergab (wir verlieren 200 Höhenmeter) durch riesige, immer noch steile Schutthalden , auch hier ist trotz guter Verhältnisse Vorsicht angesagt. Und ganz plötzlich stehen wir wieder auf sicherem Boden, in der Parseierscharte, laut Führer die Hälfe des Weges.

Brotzeit. Dann sticht uns der Hafer: vom Eisenkopf (2859 m) leuchtet ein so schönes Gipfelkreuz herunter, das muß doch noch "drin" sein. Der Eisenkopf stellt sich als labiler Schutthaufen heraus. Nach 40 Minuten entnervender Schrofen- und Schuttkraxelei im rutschenden immer steiler werdenen Gelände haben wir zwar fast die Gipfelhöhe erreicht, aber trotzdem werfen wir entnervt das Handtuch (Rundi nimmt noch einen Mikro-gipfel mit). Das Ganze kostet eine Stunde, die Holländer sind inzwischen auf und davon, es ist 14.15 Uhr. (Später sehen wir, dass wir noch eine ganz anständige Strecke zum Gipfel gehabt hätten). Aber jetzt wird's leichter, glauben wir. Es fängt auch nett an, mit Schneeabfahrt, Wandern in herrlichen Blumenwiesen, die Ansbacher Hütte zum Greifen nahe vor Augen. 2.5km Luflinie, das sollen drei Stunden sein? Es sind drei Stunden. Ein tiefes Tal trennt uns von der Hütte; wir müssen ganz außen herum, teilweise durch wilde Feldabbrüche; außerdem verlieren wir einige hundert Meter an Höhe. Den am Weg liegenden Großmuttekopf (1 Stunde) sparen wir uns. Das Wetter zieht sich zu; wir schaffen es gerade noch aus dem Felsenbereich heraus bevor es kräftig losregnet. Noch eine Stunde, davon das meiste im Regen, bis zur rettenden Ansbacher Hütte, gerade rechtzeitig bevor der Regen sich zur Sintflut entwickelt. Wir gönnen uns zünftige Schinkennudeln und schmieden Pläne für morgen. Was das Wetter wohl bringt?

Panorama von Ansbacher Hütte auf den Augsburger Höhenweg
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13. Juli 2002: Übergang zur Simms-Hütte

Samspitze, 2624m
    
Feuerspitze, 2852m
    
Das Wetter bringt nichts gutes. Es regnet die ganze Nacht, also können wir ruhig länger schlafen. Der Hüttenwirt wird zunehmend ungnädiger, sobald wir uns als (Teil-) selbstversorger outen. Wir werden eindringlich ermahnt, im Teewasser sei kein Zucker enthalten. Auch eine Auskunft über das zu erwartende Wetter ist ganz offensichtlich nicht im Preis inbegriffen. Jedenfalls hört der Regen um 8 Uhr auf; um 9 Uhr brechen wir schließlich auf zur Samspitze (2624m), dem Hüttenberg der Ansbacher Hütte 11und nach 40 Minuten auf der anderen Seite weder runter, auf den Normalweg Ansbacher-Simmshütte. Der Weg steigt gleichmäßig in ein einsame nordwärts gerichtetes Tal hinen an, gut zu gehen. Kurzzeitig kämpfen sich einzelne Sonnenstrahlen durch, doch dann siegt doch wieder dichter Nebel. Um 12.00 Uhr, kurz vor dem Stierlahnzugjoch (2596m), erreichen wir den Abzweiger zur Feuerspitze, 2852m. Soviel Zeit muß sein, trotz drohendem Nebel. Der Weg führt steil über Schrofen und Gras, oben dann flacher auf erdigem Schutt zum Gipfel. Teilweise sind kaum mehr Trittspuren zu erkennen, aber dank guter Markierung gibts auch im dichten Nebel keine Probleme. Unser Gipfelaufenthalt dauert ca. zuei Minuten, im wesentlichen bestimmt durch Wolken, Regen und Graupel. Runter geht's in Rekordzeit.

Wir nützen die Regenpause schnell für Mitagsbrotzeit - es ist mittlerweile 1.00 Uhr. Dann ganz rauf zum Joch. Den dritten möglichen Gipfel, die Holzgauer Wetterspitze (2895m) verschieben wir auf morgen, statt dessen in immer stärker werdenden Regen, später Wolkenbruch, über Kälberlahnjoch und Kälberlahnzugjoch Richtung Simmshütte. Alles schwimmt und ist feucht, wir werden immer schneller und erreichen um drei Uhr die Hütte. Erste Frage nach einem Trockenraum, erste Enttäuschung. Trotzdem behalten wir diese gut gefüllte Hütte als die wahrscheinlich urigste und netteste während unserer Tour in Erinnerung, den Wirt eingeschlossen.

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14. Juli 2002: Übergang zur Kaiserjoch-Hütte

Mindestens drei Schnarcher diese Nacht. Ein Blick aus dem Fenster: nebelig, aber trocken. Schnell frühstücken, dann in die nassen Schuhe geschlüpft und um 7.15 Abmarsch. 75 Minuten steil bergauf bringt uns zurück zum Stierlahnerkopf, dann noch kurzer Pause rauf auf die Holzgauer Wetterspitze, auch ohne Aussicht auf Gipfelblick. Zuerst gut markiert über Schrofen und Schotter, dann in schöner I-er Kletterei - raus aus dem Nebel, an die Sonne, zum Gipfel! Es ist 9.30 Uhr, und wir genießen den Blick auf ein Nebelmeer, aus dem nur einzelne Gipfel, wie Parseierspitze, Dawinkopf, und Eisenkopf herausschauen. Um 10 Uhr wiederwillig wieder runter in die Nebelsuppe, dann stundenlang ohne eine Menschenseele zu treffen bergauf, bergab. Das "Klämmle" entpuppt sich als nette, drahtseilgesicherte Kletterstelle.

Mittag machen wir in vollkommener Einsamkeit inmitten von Felsen, Schotter, Schnee und Nebel - wir fühlen uns wie in einem nordschottischen Glen. Übers Hinterseejoch (2482m) queren wir wir wieder auf die südliche Seite der Lechtaler Alpen und wandern noch zwei Stunden auf immer ungefähr gleicher Höhe abwechselnd über Wiesen, Felsen und Schotter. Das Wetter hält: Zwar sind wir meistens im Nebel, aber es regnet nicht. Kurz vor dem Kaiserjochhaus finden wir noch unseren zweiten Gipfelsieg für heute: Der Malatschkopf kostet nur 10 Minuten Anstieg, die belohnt werden mit großartiger Aussicht auf's Rosanatal und auf Pettnau. Andächtig schauen wir zu, wie wirbelnde Wolkenschwaden den Blick nach unten vernebeln, und machen uns dann schnell auf die Socken. Zehn Minuten später, um drei Uhr, sind wir am Kaiserjochhaus. Rudi ist nicht mehr zum Weitergehen zu bewegen. Als die einzigen Gäste verbringen wir einen sehr ruhigen, fast schon faden Hüttenabend.

Holzgauer Wetterspitze, 2895m
hinten hoher Riffler 3168m
Schlüsselstelle
(unschwierig, aber luftig)
Hintersee
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15. Juli 2002: Abstieg und Heimfahrt

In der Nacht regnet es doch noch. Rudi ist am nächsten Morgen nur mühsam zum Aufstehen zu bewegen. Die Hüttenwirtin wirkt auch noch recht verschlafen, als wir unser heißes Wasser abholen. Abmarsch Richtung Leutkirchener Hütte um acht Uhr. Alles ist naß und nebelig, wir sehen nichts als 10 Meter Weg vor und nach uns. Der stark erodierte Weg führt schlammig drch Bergmatten, rechts geht's steil nach oben, links genauso steil ins bodenlose Nichts. Gelegentlich treffen wir ratlose, deprimierte Schafe, die ganz offensichtlich auch in mehrfacherweise an der Bildung des feinen Schlamms auf allen Wegen mitgewirkt haben. Nach einer Stunde reißt der Nebel kurz auf. Wir kriegen fünf Minute Sonne und freie Sicht. Hier muß doch der Abkürzer zum Stanskogel sein! Weiter oben sehe ich so etwas wie einen Steig und marschiere frisch drauf los; Rudi sucht inzwischen "in Sichtweite" auf dem Weg nach einem offiziellen Wegweiser. Nach zwei Minuten hat uns beide der Nebel wieder verschluckt, und jeder geht mit etwas mulmigem Gefühl weiter, und beide sind wir irgendwie erleichtert, als wir ganz unvermittelt im Nebel aufeinander treffen. Merke: Nie bei schlechter Sicht vom Weg abgehen. Wieder vereint stapfen wir in 30 Minuten zum Gipfel, zuerst auf festem, schiefrigem Schotter, dann 10 Minuten Gratkletterei zum Gipfel - all das in dicke Wolken eingepackt. Der Stanskogel ohne Gipfelkreuz - kann das sein? Kann es natürlich nicht, allerdings dauert es 10 Minuten, bis wir in der uns umgebenden Suppe das große Kreuz entdecken - keine zwanzig Meter vom Gipfel entfernt. Wir marschieren weiter, treffen einen Wegweiser "Hirschpleißkopf". Derselbige ist zwar mickrig, aber billig zu haben, und macht in 10 Minuten unser Gipfelpensum voll.

Mittagspause schon um 11 Uhr - ein Zeichen für um sich greifende Schlappheit? Wir sitzen hoch über dem Almajurjoch. Plötzlich reißt es nach unten auf, und wir schauen auf die Leutkirchener Hütte hinunter. Noch rüber auf die Ulmer Hütte, wieder rein in die Nebelsuppe? Rudi zieht es deutlich Richtung Heimat, und auch mein Schwung lässt nach. Wir steigen ab. 15 Minuten später sind wir in der Sonne,ein schwülwarmer Sommertag, ein herrlicher Wanderweg führt uns 1000m abwärts durch Latschen, dann Wald, erst zum Schluß Forststraßen nach St. Anton. Wir bestaunen den dortigen Tourismusbetrieb, und um 14.11 Uhr geht unser Bus zurück nach Pians. Auf dem Rückweg viele Blicke nach oben zu den Stationen der vergangenen Tageö allerdings ist vieles in Wolken gehüllt. Von Pians noch 30 Minuten Fußmarsch nach Grinn zum Auto - die 200 gesparten Höhenmeter vom ersten Tag unserer Tour müssen wir jetzt nachholen. Keine Tour mit Rudi ohne abschließenden Sprung ins Wasser, und das Grinner Freibad mit seiner malerischen Lage steil am Hang kommt da genau richtig. Danach ins Auto und über Landstraßen nie wieder werde ich so geizig sein und die Vignette sparen!) und Aachenpaß in 31/2 Stunden nach Hause.

Schön war's!

Weiter Links zu den Lechtaler Alpen:
  Gipfelstuermer Special zum Augsburger Höhenweg
Augsburger Höhenweg, die Traumstraße der Lechtaler Alpen - von Hans Sterr
Schöner Bericht von Reinhard Fill, Augsburger Höhenweg, inkl. Besteigung der Parseierspitze